Zeitzeichenempfänger 77,5kHz

Einen Empfänger für das Zeitzeichen auf 77,5kHz zu bauen reizte mich schon länger. Zwar gibt es fertige Module mit denn man experimentieren und die übertragene Information auslesen kann, doch ich wollte noch einen Schritt tiefer gehen. Die Herausforderung war die Funktionsweise einen Empfängers zu verstehen, ihn möglichst diskret aufzubauen, und schließlich das erhaltene Signal für eine Auswertung bereit zu stellen.

Grundüberlegung

Der Zeitzeichensender in Mainflingen bei Frankfurt sendet ein Sinussignal auf 77,5kHz, das jede Sekunde abgesenkt wird. Das Signal ist somit Amplitudenmoduliert. Die Signalpause beträgt dabei entweder ca. 100ms oder 200ms. Die Kurzen Pausen bedeuten dabei eine logische 0 und die längeren Pausen eine logische 1. die 59. Sekunde wird nicht abgesenkt und ermöglicht dadurch den Beginn einer Minute zu erkennen. Dadurch stehen 59 Bits zur Informationsübertragung zur Verfügung. Im Netz findet man eine detaillierte Beschreibung der Codierung. 

Da kein Niederfrequentes Signal wie Töne oder Sprache aufmoduliert ist, entfällt für den Empfänger auch eine Demodulationsschaltung. Daher reicht ein einfacher Geradeausempfänger. Im Netz fand ich eine entsprechende Schaltung von Günther Zöppel. Ein Blick in meine Verwertungskiste ergab, dass ich wohl alle Bauteile verfügbar haben müsste.

 

Abänderungen und Schwierigkeiten

Da kein 20cm Ferritstab zur Verfügung stand, zerlegte ich einen alten Zeilentrafo, schnitt bei den Ferritwinkel die Schenkel ab, und klebte mit Panzertape die zwei Stäbe zusammen. Dieser Stab lies sich mit leichtem Druck in ein Elektroinstallationsrohr schieben, auf das ich mittels Drehbank zwei Lagen des Spulendrates vom Zeilentrafo wickelte. Eine Lage erhielt ungefähr 200 Windungen. Nach der ersten Lage umwickelte ich diese mit Tape und wickelte die zweite darüber. Mit dem Funktionsgenerator und dem Oszilloskop ermittelte ich für die Resonanzfrequenz von 77,5kHz einen Kondensatorwert von 33nF. Durch leichtes Verschieben des Ferritstabes kann nun ein Detailabgleich durchgeführt werden. 

Für die Filterspulen verwendete ich die Spulen aus einem alten Radio, welche ich neu wickelte, und mit einem entsprechendem Kondensator versah. Auch hier kann mit dem Ferritkern fein abgestimmt werden. 

Auf die im Schaltungsentwurf enthaltene Filterschaltung und den 2. Comperator konnte ich verzichten, da das Signal sauber angezeigt wurde.

Die größen Schwierigkeiten ergaben sich für mich beim Abgleich. Der Ferritstab musste äußerst feinfühlig bewegt werden. Trotz aller Versuche zeigte das Oszilloskop ein ständiges Signal von ca. 75kHz. Zwar konnte durch entsprechende Einstellung der Filterspulen eine deutliche Absenkung erkennbar gemacht werden, aber zufriedenstellend war das nicht. Die Fehlersuche brachte kein Ergebnis und ich war schon nahe an der Aufgabe. Als ich den Empfänger platzbedingt um etwa einen halben Meter verschob zeigte der Bildschirm plötzlich das sauber auf fast 0 absinkende Signal!! 

Das störende Signal stammte vom Oszilloskop - nach 3 Tagen Fehlersuche eine befreiende Erkenntnis :-)

 

Der nächste Schritt

Ursprünglich wäre an dieser Stelle das Projekt des Zeitzeichenempfanges abgeschlossen gewesen. Aber der Ehrgeiz und der Anblick einer nackten Schaltung stichelten täglich und drängten auf eine Fortsetzung. Schließlich stellte sich ja die berechtigte Frage: " Wozu ein Zeitzeichenempfang, wenn es keine Auswertung gibt?". Also musste eine Auswerteschaltung gefunden werden. 

Grundüberlegung

Als Grundlage diente mir der Beitrag hier im Netz  in dem die Codierung des Signals recht einfach erklärt wird. Zu Beginn jeder Sekunde wird das Trägersignal um 100ms bzw. 200ms abgesenkt. Die 59. Sekunde bleibt ohne Absenkung und ermöglicht das Erkennen des Beginnes einer neuen Minute. Die kurzen Pausen entsprechen einer logischen 0, die langen Pausen einer logischen 1. Somit muss die Schaltung in der Lage sein, den Beginn und das Ende einer Absenkung zu erkennen, den zeitlichen Abstand dazwischen zu messen, und aus den empfangen Bits die Zeit- Tag- Wochen- Monat- und Jahrinformation zu errechnen. Das klingt wesentlich schwieriger als es in der Umsetzung schließlich ist. 

Die Umsetzung

Als erster Schritt musste das Ausgangssignal noch verbessert werden. Es stellte sich heraus, dass der Comperator zwar ein für die LEDs nutzbares Signal lieferte, aber für den Mikroprozessor noch zu viele Störungen enthielt. Daher wurde aus dem zweiten noch ungenutzten Operationsverstärker im IC kurzerhand ein aktiver Filter gelötet. Mit ein paar Widerständen und Kondensatoren, sowie eines kleinen Berechnungsprogramms aus dem Netz entstand so ein Tiefpass, der mit einer oberen Grenzfrequenz von 60 Hz die hohen Störungen fernhält. 

Eine nachgeschaltete Transistorstufe formt ein brauchbares Signal mit steilen Flanken. Dieses wird nun einem Mikroprozessor zugeführt. 

Die anfangs selbst zusammengelötete Spannungsstabilisierung versagt plötzlich den Dienst. Ob ein ausgefallener Transistor oder eine kalte Lötstelle die Ursache war, erforschte ich nicht lange. Ein vorhandener Spannungsregler 7805 auf die Platine gelötet und das Ärgernis war aus der Welt.

Auf dem Bild ist der Prozessor, ein Atmeg8 mit seinem 12Mhz Quarz zu erkennen. Der externe Quarz wäre nicht notwendig gewesen, da die Zeiterfassung sich im Bereich von 100ms abspielt und dies für den Prozessor ohnehin Ewigkeiten sind.  Aber was schon mal in der Ramschkiste vorhanden ist, soll auch eingesetzt werden. 

Obwohl es fertige Programmfunktionen für Programmpausen gibt, erzeugte ich die Pausen mit einem der 8-Bit Timer. Der 16Bit-Timer wird für die Zeitmessung zwischen den Eingangsimpulsen verwendet. Weiters ist er Signaleingang so programmiert, dass jede Pegeländerung am Eingang eine Programmunterbrechung (Interrupt) auslöst. Ist nun die Zeit zwischen zwei Pegeländerungen ca. 1 Sekunde (oder 2 Sekunden am Minutenwechsel) lang, so ist dies der Beginn einer Signalabsenkung. Zeiten zwichen 100 und 200ms stellen das Ende einer Absenkung dar und können als logisch 0 bzw. 1 ausgewertet werden. Lässt man nun eine Zählervariable am Ende jeder Absenkung um 1 hochzählen, und beginnt jeweils nach einer 2Sekundenpause neu, so hat man bereits die Sekundeninformation und gleichzeitig die Bit-Stelle (siehe oben angeführter Link). Als optische Aufhellung lasse ich bei jedem Ende einer Absenkung eine LED einschalten. Rot steht für 0, grün für 1 und beide für den Mintutenwechsel. Somit kann primitiv ein Empfang überprüft werden. Die weitere Auswertung ist sehr einfach. Gemäß der angegebenen Codierung werden die einzelnen Bits erfasst, in eine Variable geschrieben und diese am Anfang einer Minute am Display aktualisiert. Die Sekunden werden natürlich nach jeder Absenkung aktualisiert. Die Darstellung erfolgt auf einem zweizeiligen Display, welches die Informationen zwischen den Absenkungen erhält. Hier ist ja für den Prozessor sonst nichts zu tun. 

Die Programmierung bereitete nicht wirkliche Schwierigkeiten. Einzig ein defekter Prozessor oder vielmehr dessen Timer brachte mich fast zur Verzweiflung. Bis die Ursache des nicht eintretenden Erfolges gefunden war vergingen 4 Tage. :)  Schon die Freude als die einzelnen Sekunden hochgezählt wurden kann nur ein Tüftler verstehen der so manche Nacht an einem Problemchen gearbeitet hat. Und nach einer vollen Minute ungestörten Empfanges zeigte das Display dieses Bild. Dabei muss gesagt werden, dass es sich dabei um keine synchronisierte Uhr handelt, sondern um jene Daten, welche innerhalb einer Minute codiert übertragen werden. 

Zusammenfassung

Der Empfänger funktioniert erstaunlich gut. Auch Störungen gegenüber ist er weniger anfällig als eine zum Vergleich herangezogene Funkuhr. 

 

Selbst der eingeschaltete PC-Bildschirm in 1 m Entfernung verschlechterte den Empfang nicht. Den Laptop sowie die Lötstation hingegen mag mein Zeitzeichenradio nicht wirklich. Hier kommt am Ende des Filters zwar ein Starkes Signal mit ziemlich genau 77.5kHz, aber dieses hat eindeutig den Ursprung im Laptopbildschrim, bzw im Netzteil. 

Die Singalauswertung gestaltete sich wesentlich einfacher als befürchtet. Auch bei diesem Projekt möchte ich allen Zweiflern Mut zusprechen und auf das Internet mit der Fülle an Erklärungen und Hilfestellungen verweisen. 

Abschließend möchte ich noch feststellen, dass es Empfangsmodule in wirklich kleinsten Dimensionen kauffertig gibt. Die Befriedigung alle Elemente verstanden, aus vorhandenen Mitteln aufgebaut, und schließlich zum Funktionieren gebracht zu haben ist aber ein sehr schönes Gefühl.